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Der Stoffwindelmarkt: Eine ganz persönliche Einschätzung

Als ich vor ca. vier Jahren nach Stoffwindeln gesucht habe, fand ich eine Hand voll Online-Shops, die neben den traditionellen Stoffwindeln auch moderne anboten. Ansonsten fand ich mehr in Großbritannien oder den USA. Zoll und Steuern wollte ich nicht bezahlen, also war ich kurz davor, auf der Insel zu bestellen. Und dann entschied ich mich kurzerhand doch um und suchte mir die Einzelteile in mehreren deutschen Online-Shops zusammen. Es war die richtige Wahl, denn bis heute besteht ein guter Kontakt zu einigen der Händlerinnen*, wie in meiner Linkliste zu sehen ist.

Vor knapp drei Jahren dann, als ich begann, mich schreibend mit dem Thema auseinanderzusetzen, schien der Markt merklich zu wachsen. Immer mehr internationale Windeln hielten Einzug in den deutschen Shops. Die Zahl der Shops stieg und auch die der Blogs. Auf Facebook und der Naturwindel-Seite florierte ein Secondhand-Flohmarkt.

Disana Woll-Überhose
Disana Woll-Überhose

Was mir dabei auffiel, ist dass sich auch eine gewisse Mentalität zu verändern schien. Zu den „gewissensreinen“ Marken wie Disana oder Storchenkinder gesellten sich beispielsweise Marken, die z. B. von der Herstellungsethik her vielleicht nicht so transparent waren. Auch was die Händlervielfalt angeht, so reichte hier das Shopprofil vom selbstgebastelten Feierabendprojekt bis hin zum professionell designten und SEO-optimierten Shop. Und auf Kundenseite gab es Eltern mit den unterschiedlichsten Motivationen, mit Stoff zu wickeln. Während bis dato wohl eher der ökologische und gesundheitliche Aspekt im Vordergrund stand, wuchs zum Beispiel auch das Interesse für billige Chinaimporte, für die man erheblich weniger Geld ausgab.

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gDiapers

Eine große Veränderung ergab sich meines Erachtens mit der Einführung der gDiaper auf dem deutschen Markt vor etwas über einem Jahr. gDiapers war bis dahin als eine der weltweit größten Stoffwindelmarken nicht in Deutschland erhältlich. Und plötzlich entdeckte ich, dass man sie auf einer Plattform wie windeln.de kaufen konnte. Einer Seite, die sich auf den Verkauf von Wegwerfwindeln spezialisiert hat. Ich muss gestehen, ich war zu Anfang echt irritiert. Was fällt denen denn ein, sich in den Markt einzumischen? Und dann auch noch mit Preisen, bei denen ein Ein-Frau-Laden gar nicht mitziehen kann. Ich kann mir denken, so manch einer Händlerin könnte diese Seite tatsächlich ein Dorn im Auge sein, gerade weil die Betreiber durch ihre Größe mit anderen Zahlen arbeiten können.

Aber besinnen wir uns doch einfach mal auf das übergeordnete Ziel. Was wollen wir Stoffwindel-Advokatinnen denn? Wir wollen, dass die Stoffwindel salonfähig wird. Dass sie eine echte Alternative zur Wegwerfwindel ist – raus aus der Nische. Und wie geht das? Durch positive Kommunikation und Verbreitung. Und was kann einem da besseres passieren als jemanden auf seiner Seite zu haben, der einen direkten Draht zu denjenigen hat, die normalerweise der Stoffwindel keines Blickes würdigen? Erst heute habe ich auf deren Seite einen Artikel über die Vor- und Nachteile von WWW, Bio-WWW und Stoffwindeln gesehen. Klar, ich könnte noch mehr über Stoff erzählen, aber ich bin ja auch parteiisch. Das will keiner hören, der sich noch nicht entschieden hat. Und glücklicherweise steht dort auch, dass man sich gar nicht endgültig entscheiden muss.

Ich mache mir jedenfalls auch trotz des Bigplayers keine Sorgen um die ganzen kleinen Shops, die ihre Sache aus Leidenschaft und mit Herzblut machen (das spreche ich den windeln.de Leuten natürlich nicht ab, aber seien wir mal ehrlich, eine Stoffwindelberatung sieht da wahrscheinlich anders aus). Sie bieten sowieso eine viel größere Markenvielfalt und eine große Nähe zu den Kunden und auch zu den Herstellern. Im Gegenteil. Wenn man’s genau nimmt, kann die Strahlkraft eines großen Portals doch auch dazu führen, dass neue Zielgruppen sich für mehr interessieren. Und da kommen wieder die kleinen Shops ins Spiel.

Parallel zu dieser großen Seite haben sich aber auch im Laufe dieses Jahres etliche kleine Unternehmen auf den Weg gemacht. Es wird sich zeigen, wer auf Dauer auf dem Markt bleibt. Geschäftsfähigkeit ist schließlich eine Notwendigkeit, die von der Größe des Ladens unabhängig ist. Ich bin gespannt auf kreative Entwicklungen, denn ich glaube, da steckt noch eine Menge drin in diesem Markt. Möglicherweise aber wird es in absehbarer Zeit so etwas wie eine Bereinigung geben.

Auch die Marken verändern sich. Es gab zwischenzeitlich ein steigendes Angebot an günstigen, in China produzierten Windeln. Nun halten neue osteuropäische Marken wie MiloviaAnavy oder Bamboolik Einzug in den Markt, die fair und teilweise ökologisch korrekt in Europa hergestellt werden. Es gibt viel zu testen 😉 Die preisliche Spanne der Windeln hat sich zudem erheblich vergrößert; ebenso die qualitative.

Ja, und die Kunden? Auch diese zeigen eine immer größere Vielfalt. Analog zum Lebensmittelkunden gibt es nun auch hier Discounter-, Supermarkt- und Reformhaus-Fans. Die wenigsten aber werden sich konsequent an eine Angebotsform halten.

Ich finde, das alles zeigt, dass die Stoffwindel in Deutschland so langsam aus ihrem Nischendasein heraus wächst. Mit allen Vor- und Nachteilen. Ich freue mich auf die kommenden Entwicklungen.

 

* Ich verwende hier die weibliche Form, weil der Markt erfreulicherweise hauptsächlich von Frauen geführt wird.

Waschmittelalternative – Das EcoEgg

Viele Fragen zum Stoffwickeln beschäftigen sich mit dem Waschen. Das ist ja auch kein Wunder, wo doch so viele unterschiedlichen Aussagen darüber kursieren, was erlaubt ist, was nicht, worauf man achten soll, was  man unbedingt vermeiden soll, etc. pp. Da wird ein Neuling ganz wuschig.

Die liebe Michelle von Stoffywelt hat mir vor anderthalb Monaten also mal etwas geschickt, was das Ganze erheblich erleichtern soll: Das EcoEgg. Nun, Wunderwaschkugeln und ähnlich gibt es ja schon länger auf dem Markt – nichts, was mich bislang wirklich überzeugt hätte. Was also ist an diesem Waschei anders?

Also, das EcoEgg ist ein etwa handtellergroßes Ei aus Kunststoff, welches mit zwei verschiedenen Arten von Mineralkugeln gefüllt ist und damit in die Waschmaschine gegeben wird. Die Oberfläche ist nicht kunststoffglatt sondern hat etwas gummiartiges. Man hat jedenfalls nicht das Gefühl, dass das Ei die Waschtrommel beschädigen könnte.

Es kann zum Nachfüllen geöffnet werden. Im Bild seht ihr den Verschluss, der hör- und spürbar einrastet, wenn man ihn zudreht. So kann man sicher sein, dass er auch wirklich verschlossen ist. Eine Horrorvorstellung, sollte sich das Ding einmal in der Waschtrommel öffnen… Bis jetzt hatte ich allerdings keine Bedenken.

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Gefüllt ist das Ei wie gesagt mit zweierlei Kügelchen. Die schwarzen Kugeln sind aus Turmalin-Keramik und sollen die Funktion haben, die Verbindung zwischen Schmutz und Stoff zu schwächen. Nach ein bisschen Google-Arbeit habe ich herausgefunden, dass dieses Material auch auf Haarglätteisen zur Vermeidung von statischer Aufladung und in Wasserfiltern verwendet wird. Diese Kugeln nutzen sich nicht ab. Sie sind auch wesentlich härter als die weißen Kugeln.

Diese sind nämlich die eigentlichen Reinigungskugeln. Sie sind ebenfalls mineralisch und haben viele Bestandteile wie herkömmliches Waschmittel auch. So enthalten sie waschaktive Substanzen genau so wie Soda und Natriumcitrat. Andere Zusatzstoffe wie optische Aufheller oder Enzyme sind nicht enthalten. Die genauen Inhaltsstoffe könnt ihr hier nachlesen. Wenn man diese anfasst, dann fühlen sie sich an wie festes Wachs.

Von den weißen Kügelchen kommen dreimal so viele in das Ei wie von den schwarzen. Beim ersten Einfüllen muss man darauf achten, dass die richtige Hälfte unten ist – nämlich die spitze – was das Ganze etwas wackelig werden lässt. Insbesondere wenn daneben ein aufgeregtes Kind steht, das so gerne mithelfen möchte, und das Ding ständig umschmeißt. Die Hälfte ist anschließend randvoll.

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Dass sich die weißen Kügelchen tatsächlich abnutzen, sieht man im folgenden Bild (sechs Wochen später):

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Man muss also schon darauf achten, dass das Ei hin und wieder nachgefüllt wird. Insgesamt sind genügend Kügelchen  für ca. 720 Wäschen dabei. Bei uns hieße das ausreichend Waschmittel für 4-5 Jahre (wir waschen aktuell ca. 2-3 Mal die Woche)…

Worauf muss man beim Waschen achten?

Nun, die Waschmaschine sollte nicht pickepackevoll sein, da das Ei mit viel Wasser durchgespült werden muss, um seine Wirkung zu entfalten. Die Waschtemperatur sollte 60 Grad Celsius nicht überschreiten und 30 Grad Celsius nicht unterschreiten. In den Trockner darf das Ei nicht!

Nach der Wäsche sollte das Ei außerhalb der Maschine trocknen können.

Wie ist die Waschwirkung?

Ich sag mal so: Ich bin nicht anspruchsvoll beim Wäschewaschen. Mir reicht es, wenn die Wäsche sauber riecht und mehr oder weniger sauber ist. Deswegen kam ich die letzten zwei Jahre auch sehr gut mit Billes Waschmittel klar. Ab und zu wird mal ein Fleck vorbehandelt, aber so wirklich ehrgeizig bin ich da nicht. Von daher bin ich zufrieden. Zum vorigen Waschen habe ich keinen Unterschied bemerkt. Normal beschmutzte Wäsche wird sauber, frische Flecken gehen einwandfrei raus, alte Flecken nicht so sehr. Da dies ein Waschei ohne Duft ist (es gibt auch welche mit), kommt die Wäsche genau so raus, wie ich es erwarte: ohne Duft. Wenn ich Duft haben möchte, verwende ich den Wäscheduft von Almawin. Und ansonsten kommt ein bisschen Entkalker hinzu, damit es das Waschei etwas leichter hat mit dem Wasser.

Wer also die strahlendweiße Wäsche großer Waschmittelmarken gewohnt ist, wird davon enttäuscht. Wie ich schon in einem anderen Beitrag schrieb, das Strahlendweiße ist im Grunde nichts anderes als eine optische Täuschung. Die wird hier nicht eingesetzt. Das muss man wissen. Entweder muss man dann mit Zusatzmitteln wie beispielsweise Bleichmittel nachhelfen, oder eben damit leben.

Waschen von Stoffwindeln

Warum ist das EcoEgg nun so gut geeignet für das Waschen von Stoffwindeln? Weil man sich hier keine Gedanken darum machen muss, ob es in irgendeiner Weise schädigend ist. Kein (Cellulase)Enzym, welches Bambus angreifen könnte, keine Hanf schädlichen Rieselhilfen, keine Kalkseife, die bei hartem Wasser entsteht und sich in Mikrofaser absetzt. Es kann für alle Materialien verwendet werden. Und es hilft sogar, die Windeln etwas durchzuwalken.

Na gut, Flecken vom großen Geschäft müssten vorbehandelt werden, wenn man Wert darauf legt. Aber ich sehe es ja so: Stoffwindeln dürfen auch mal zeigen, was sie alles schaffen.

Das EcoEgg kostet 26,90€ und ist hier erhältlich:

Die Zeiten verändern sich

Vor ca. drei Monaten fuhr ich zur Stoffwindelberaterausbildung von Yvonnes Stoffwindelschule bei Einfach Eltern, um in diesem Blog darüber berichten zu können. Die Motivation war also eher journalistischer Natur mit der Neugierde darüber, was das für Menschen sind, die so eine Ausbildung machen, wer Yvonne ist und wie so eine Ausbildung aussieht. Es hat sehr viel Spaß gemacht, ich habe viele Notizen für den Blog gemacht, und mit Yvonne habe ich mich sehr angeregt austauschen können – sowohl auf fachlicher Ebene als auch auf didaktischer. Sie fragte mich zudem, ob ich nicht Lust auf eine Co-Dozentur hätte. Vielleicht demnächst mal im Saarland? Ich war sehr erfreut über diese Anfrage und sagte zu.

Und dann? Dann ließ mich der Gedanke nicht mehr los, dass die Ausbildung nur ein Schritt zur Beraterin ist. Mir fiel auf, dass es möglicherweise Bedarf an weiteren Elementen gibt, die mit dem Beratersein einhergehen. Also, nicht nur Fachwissen und der Beratungsablauf, sondern auch Selbstmarketing, betriebliches Denken, Netzwerkarbeit, kollegialer Austausch,… Themen, die ich als Trainerin gerne umsetzen würde. Und dann kam mir auch der Gedanke, meine Expertise im E-Learning dafür zu nutzen, um noch mehr Interessierte zu erreichen. Ich unterhielt mich mit Stephanie darüber, mit der ich ja in der Gründung eines Unternehmens steckte, und wir waren uns einig: wenn wir uns in die Richtung bewegen, dann nur gemeinsam bzw. in enger Kooperation mit Yvonne. Ein Gespräch zu dritt machte den Gedanken klar. So etwas muss es in einem Guss geben. Wir gründeten jetzt zu dritt!

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Yvonne ist dabei, den Übergang aus der Stoffwindelschule zu den Stoffwindelexperten zu schaffen. Die bislang ausgebildeten Beraterinnen werden weiterhin betreut. Und das Ausbildungskonzept zum einen inhaltlich als auch die Zielgruppe betreffend ausgeweitet. Denn ein naheliegender Gedanke war, dass man ja durchaus angrenzende Berufsgruppen wie Hebammen, Trageberaterinnen, Stillberaterinnen etc. in puncto Stoffwindeln aber auch den übergreifenden Themen schulen kann. Mit der zusätzlichen Womanpower ist dies auch umsetzbar; vorher war für Yvonne alleine inhaltlich nicht daran zu denken.

Deswegen haben wir diese Sparte unseres Unternehmens „Fortbildungsakademie für familienbegleitendes Fachpersonal – F hoch 3“ genannt. Think big 😉

Die Planungen laufen auf Hochtouren, während unser Tagesgeschäft weiter läuft: Stephanies Windelmanufaktur, Yvonnes Beratung, Verkauf und PEKiP-Kurse unter PiPaPo Babykram, und mein Angestellten- wie auch Freiberuflerdasein. Ach ja, Familien haben wir auch. Demnächst schreibe ich mal wieder über das Downshifting, versprochen.

Und jetzt bin ich gerade auf dem Weg ins Saarland. Als Co-Dozentin. Neben meiner Geschäftspartnerin Yvonne. Für unser gemeinsames Unternehmen. Die Zeiten verändern sich…